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Frau in Lagerhalle
Berufe, Regionen und Branchen im Blick

IHK Arbeitsmarktradar Bayern 2025

Arbeitskräftelücke

Engpass nach Qualifikationen

2023 fehlten der bayerischen Wirtschaft rund 161.000 Arbeitskräfte (siehe Abbildung 1). Alle Arbeitslosen, die für offene Stellen passend qualifiziert sind, werden dabei im Modell mit diesen offenen Stellen verrechnet und reduzieren die Lücke. Somit repräsentiert die Arbeitskräftelücke im Arbeitsmarktradar nur jene offenen Stellen, für die keinerlei passend qualifizierte Arbeitslose auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.

In der Realität sind nicht alle Arbeitslosen auf Stellen zu vermitteln, für die sie eine passende Qualifikation haben. Dies kann vielfältige Gründe haben, von fehlenden Spezialkenntnissen oder praktischer Erfahrung bis hin zu persönlichen Motiven. Auch sind Arbeitskräfte in der Realität häufig ortsgebunden und nicht bereit jede Stelle in jeder beliebigen Region in Bayern anzunehmen, wie es das Modell unterstellt. Der von den Unternehmen wahrgenommene Arbeitskräftemangel ist somit deutlich höher als die hier ausgewiesene Arbeitskräftelücke. Einen Hinweis darauf gibt auch die Zahl der offenen Stellen in Bayern, die 2023 mit 303.000 deutlich höher als der berechnete Arbeitskräftemangel war.

Abbildung 1: Arbeitskräftelücke und offene Stellen in Bayern 2017 bis 2028

Arbeitskräftelücke in Bayern 2017 bis 2028

Betrachtet man den Arbeitskräftemangel nach Qualifikationsniveau, so fehlten 2023 rund 94.000 Fachkräfte (v.a. mit einer beruflichen Ausbildung) bei 158.000 offenen Stellen für diese Beschäftigtengruppe. 2028 werden 123.000 dieser Arbeitskräfte fehlen (offene Stellen: 189.000). 

Die Zahl fehlender Spezialisten (z.B. Meister, Fachkräfte mit Weiterbildung, Bachelor) betrug 2023 rund 26.000 (offene Stellen: 43.000) und wird bis 2028 auf 36.000 ansteigen (offene Stellen: 57.000).

Zudem fehlten 2023 bereits 36.000 Experten (v.a. Akademiker mit Master-Abschluss) bei 53.000 offenen Stellen. 2028 wird diese Zahl auf 48.000 ansteigen (offene Stellen: 68.000).

Bei den Helfern betrug 2023 die Arbeitskräftelücke lediglich 5.000 Personen, bei 49.000 offenen Stellen. Diese Diskrepanz zwischen der Arbeitskräftelücke und den offenen Stellen deutet auf erhebliche Probleme hin, die vorhandenen Arbeitslosen auch tatsächlich für eine Beschäftigungsaufnahme zu gewinnen. 2028 werden 16.000 fehlende Helfer (offene Stellen: 65.000) erwartet.

Abbildung 2 zeigt die Entwicklung der Stellenüberhangsquote nach Qualifikationsniveau. Sie ist definiert als der Anteil derjenigen offenen Stellen an den gesamten offenen Stellen, für den es keine passend qualifizierten Arbeitslosen gibt. Ist die Stellenüberhangsquote sehr hoch, bedeutet dies also, dass es kaum Arbeitslose auf dem Markt gibt, die zumindest theoretisch für die Besetzung der offenen Stellen in Frage kämen. Kurz gesagt: Je höher diese Kennziffer, desto problematischer dürfte die Stellenbesetzung für Unternehmen sein.

Die Stellenüberhangsquote lag in Bayern 2023 bei 53,1 % und wird bis 2028 auf 58,6 % steigen. Für mehr als jede zweite Stelle fehlen also passend qualifizierte Arbeitslose. Im Vergleich dazu lag die Quote in Deutschland bei 37,2 % und dürfte bis 2028 auf 43,6 % ansteigen. Der Arbeitskräftemangel ist in Bayern schon lange intensiver als in Deutschland.

Abbildung 2: Stellenüberhangsquote – Entwicklung nach Qualifikationsniveau 2017 bis 2028 in Bayern

Stellenüberhangsquote – Entwicklung nach Qualifikationsniveau 2017 bis 2028 in Bayern

Betrachtet man die einzelnen Qualifikationen, so war bei den Experten 2023 mit 69,1 % (d.h. rund 7 von 10 Stellen sind nicht passend zu besetzen) der Arbeitskräftemangel in Bayern relativ am höchsten, und wird bis 2028 stabil bleiben (70,0 %). Die Stellenbesetzungsprobleme bei Spezialisten (61,2 %) und Fachkräften (59,3 %) bewegten sich 2023 auf etwas niedrigerem Niveau als bei den Experten. Bis 2028 wird die Stellenüberhangsquote bei den Fachkräften voraussichtlich auf 65,1 % und bei den Spezialisten auf 62,8 % weiter ansteigen. Auffällig ist der Anstieg der Stellenüberhangsquote bei den Helfern. Diese steigt von 2023 bis 2028 von 9,3 % auf 24,0 % sehr deutlich an. Der Fachkräftemangel wird damit immer mehr zum allgemeinen Arbeitskräftemangel.

Engpass nach Berufen

Die Berufe mit den höchsten für 2028 erwarteten Engpässen sind in Abbildung 1 dargestellt. Zur besseren Einordnung sind die offenen Stellen in dem jeweiligen Beruf ebenfalls angegeben. 

Die größten Arbeitskräftelücken werden 2028 für Fachkräfte im Verkauf erwartet. Hier werden 10.000 Arbeitskräfte fehlen. Bei den Spezialisten in Kinderbetreuung und -erziehung werden 6.000 Arbeitskräfte zu wenig am Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, ebenso jeweils rund 5.000 Experten für Informatik, Fachkräfte in der Lagerwirtschaft sowie Fachkräfte in der Gesundheits- und Krankenpflege. Auch bei Helfern im Gastronomieservice und Experten in der Elektrotechnik sind große Lücken zu erwarten.

Die Arbeitskräftelücke in einem Beruf ergibt sich aus den offenen Stellen minus den auf dem Arbeitsmarkt verfügbaren passend qualifizierten Arbeitslosen. Die gesamte Nachfrage der Unternehmen in dem jeweiligen Beruf ergibt sich wiederum aus den Beschäftigten addiert mit den offenen Stellen.

Abbildung 1: Top 10 Berufe mit den höchsten Arbeitskräftelücken 2028 in Bayern

Top 10 Berufe mit den höchsten Arbeitskräftelücken 2028 in Bayern

Ist die Arbeitskräftelücke ähnlich hoch, wie die Anzahl der offenen Stellen, bedeutet dies, dass auf dem Markt kaum passend qualifizierte Arbeitslose zur Verfügung stehen und auch die Stellenüberhangsquote entsprechend hoch ist.

Ein Beispiel aus den Top 10 in Abbildung 1 sind die Experten in der Elektrotechnik (Stellenüberhangsquote: 92,9 %). Dagegen stehen z.B. bei den Fachkräften in der Lagerwirtschaft (Stellenüberhangsquote: 60,0 %) und den Helfern im Gastronomieservice (Stellenüberhangsquote: 62,0 %) deutlich mehr Arbeitslose zur Verfügung, die potenziell diese Jobs ausfüllen könnten. Hier gibt es offensichtlich andere Gründe, warum die Stellen nicht besetzt werden.

Die Stellenüberhangsquote ist definiert als der Anteil derjenigen offenen Stellen an den gesamten offenen Stellen, für den es keine passend qualifizierten Arbeitslosen gibt. Je höher diese Kennziffer ist, desto problematischer dürfte die Stellenbesetzung für die Unternehmen im jeweiligen Beruf sein.

Die Berufe mit den höchsten erwarteten Stellenüberhangsquoten 2028 in Bayern, und damit am schwierigsten zu besetzen, sind Fachkräfte in der Gastronomie, im Gleisbau und der Überwachung und Steuerung des Eisenbahnverkehrs, Spezialisten im Tiefbau, der Altenpflege, dem Beton- und Stahlbau und der öffentlichen Verwaltung sowie Experten in der Heilerziehungspflege und Sonderpädagogik, der Ver- und Entsorgung und der kaufmännischen und technischen Betriebswirtschaft. In all diesen Berufen liegt die Stellenüberhangsquote über 96 %.